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27.02.2023

Ausschreibung für Bad Füssings künftige Zuganbindung: "Der ländliche Raum bleibt wieder einmal auf der Strecke"

Fehlende Finanzmittel bremsen die Zukunft der Rottalbahn aus: Der Bad Füssinger Bürgermeister Tobias Kurz fürchtet, dass nicht nur die Klimaneutralität, sondern auch wichtige Forderungen Bad Füssings wie Barrierefreiheit, Klimatisierung oder WLAN an Bord auf der Strecke bleiben. Kurz fordert einen sofortigen Stopp des aktuell laufenden Ausschreibungsverfahrens.

Bad Füssing - Gerade in Zeiten, in denen für immer mehr Menschen die Nachhaltigkeit ihres Urlaubs wichtiger wird, gewinnt die Option einer umweltfreundlichen, ressourcenschonenden und gleichzeitig komfortablen Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln nochmals weiter an Bedeutung. "Ohne die notwendigen finanziellen Mittel kann diese Zukunftsvision aber nicht Wirklichkeit werden", sagt der Bad Füssinger Bürgermeister Tobias Kurz mit Blick auf die aktuell laufende Bahnausschreibung für die Rottalbahn, die auch Bad Füssings Gäste zwischen dem ICE-Bahnhof Passau und dem Bahnhof Pocking vor den Toren des Kurorts nutzen.

Bad Füssing hat heute nach Zahlen des Centrums für marktorientierte Tourismusforschung der Universität Passau das weiteste Einzugsgebiet unter allen deutschen Kurorten: die durchschnittliche Anreise-Entfernung der Gäste beträgt 488 Kilometer. Die Gäste Bad Füssings profitieren heute von einer nahtlosen Nahverkehrs-Anbindung an die superschnellen, CO2-freien ICE-Züge in Passau per Bus oder per Lokalbahn. Als erster Kurort Deutschlands hat Bad Füssing seinen gesamten innerörtlichen Nahverkehr Ende 2022 auf umweltfreundliche - und ebenfalls klimaneutrale - Elektrobusse umgestellt.

Bis zu 30 Jahre alte Züge könnten auch künftig rollen
Was eine vollständig "grüne" Anreise derzeit noch herausfordernder macht: Der Bahnabschnitt Passau-Pocking ist Teil der Rottalbahn - eine eingleisige, nicht elektrifizierte Trasse, auf der aktuell dieselbetriebene Triebwagen verkehren. Aktuell schreibt die Bayerische Eisenbahngesellschaft die künftigen Züge der Rottalbahn im Rahmen des Projekts "Linienstern Mühldorf 2025+" aus. "Leider habe ich in der Ausschreibung zum Abschnitt Pocking - Passau keine Aussagen zu einer zeitgemäßen und wichtigen Ausstattung gefunden, die von den Fahrgästen heutzutage erwartet wird", sagt Bürgermeister Tobias Kurz. Er nennt moderne Züge mit Barrierefreiheit inklusive Toiletten für Menschen mit Behinderung, Klimatisierung oder auch WLAN an Bord als Beispiele.

Was den Antworten auf eine Anfrage des Bürgermeisters an die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) zu entnehmen ist: Dem Vernehmen nach besteht die Gefahr, dass auf der Strecke auch künftig die bis zu 30 Jahre alten, auf den meisten Strecken in Deutschland bereits weitgehend ausgemusterten Triebwagen eingesetzt werden, die keine dieser Voraussetzungen erfüllen - und überdies auch weiter mit Diesel fahren.

"Bad Füssing hat sich auf dem Weg zum nachhaltigen Urlaubsort gemacht. Zum Gesamtpaket gehört eine klimaschonende, am besten CO2-freie Anreise. Weshalb wird hier weiter auf die nicht mehr zeitgemäßen Uralt-Züge gesetzt und kein Anreiz oder eine Anforderung zur Modernisierung eingebracht?", schrieb Bürgermeister Kurz an die BEG. "In ihrer Antwort macht die Eisenbahngesellschaft auch deutlich, warum sie bei der Ausschreibung mit ‚angezogener Handbremse‘ unterwegs ist: Es fehlt am Geld", so Kurz.

Sofortiger Ausschreibungsstopp als einzige Lösung
Konkret führt die BEG aus: Die Steigerung der Regionalisierungsmittel des Bundes bilde seit einiger Zeit nicht mehr die jährlichen Kostensteigerungen (insbesondere für Energie) bei den Infrastrukturgebühren ab, also den Kosten für die Nutzung der Schienen. Die BEG rechnet vor: Machte dieser Anteil 1996 45 Prozent des Budgets aus, so liegt er heute bei 68 Prozent. Obwohl die Regionalisierungsmittel in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind, hat die BEG eigenen Angaben zufolge heute nicht mehr Mittel zur Finanzierung des Zugbetriebs zur Verfügung als vor knapp 30 Jahren.

"Insofern sieht sich die BEG derzeit nicht in der Lage, zusätzliche Kosten für die Umstellung auf CO2-freien-Betrieb zu finanzieren. Dies müsste bei der derzeitigen Kassenlage zu Lasten des Fahrplanangebotes gehen", heißt es in der Antwort der BEG wörtlich. "Diese Antwort ist erschreckend", sagt Bürgermeister Kurz. Er macht deutlich: "Wer die Verkehrswende will, muss auch die entsprechenden Finanzmittel bereitstellen. Das Ausschreibungsverfahren muss von den politisch Verantwortlichen sofort gestoppt und wieder auf eine zeitgemäße Basis gestellt werden", so der Bad Füssinger Rathauschef.

Kurz betont: "Man hätte schon nach der ersten Ausschreibungsrunde, bei der kein finanzierbares Angebot eingegangen ist, die finanziellen Mittel erhöhen und damit Anreize für eine zeitgemäße Ausstattung setzen müssen, anstatt die Anforderungen auf 30 Jahre alte Züge zurückzuschrauben." Der vielfach von der Politik als "Seele Bayerns" beschriebene ländliche Raum bleibe beim ÖPNV wieder einmal auf der Strecke. "Bund und Land müssen hier dringend nachbessern", so Kurz.

Kraftanstrengung für die Elektrifizierung
Der Bad Füssinger Rathauschef fordert zudem eine gemeinsame Kraftanstrengung für die Elektrifizierung der Rottalbahn. "Es muss uns gelingen, die Voraussetzungen in Sachen Infrastruktur zu schaffen", so Kurz. "Ich wünsche mir sehr, dass die Vorteile eines entsprechenden Streckenausbaus auf Landes- und Bundesebene erkannt werden - damit wir dieses Potenzial nutzen und langfristig die Weichen dafür stellen können, Bad Füssing umweltfreundlich und klimaneutral an die großen Zentren Deutschlands heranzurücken."
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